Zusammenfassung
Der vorliegenden Mitteilung liegt ein Krankengut von 182 Kindern der Stadt. Kinderklinik
Essen zugrunde, die in den Jahren 1952/53 und 1954 mit INH behandelt worden waren.
Im Kindesalter ist INH besser verträglich als im Erwachsenenalter. Nebenerscheinungen
fehlen.
Es wird heute grundsätzlich nur in Kombination mit anderen Tuberkulostatika, vor allem
Streptomycin, angewandt, und zwar in einer Dosierung von 10 mg/kg/die per os.
Bei Meningitis tuberculosa (58 Kinder) verabreichten wir die intralumbale Streptomycin-INH-Mischspritze,
INH per os und Streptomycin i.m.; bei alleiniger Anwendung von INH wurde in einem
Falle nach 8 Monaten ein Rezidiv gesehen, bei einem mit INH und PAS behandelten Kinde
trat noch während der Behandlungszeit ein Rezidiv auf. Ein Wiederauftreten einer Meningitis
tuberculosa sahen wir bei der Streptomycin- und INH-Behandlung der Kinder bis heute
nicht.
Bei der Miliartuberkulose der Säuglinge und älterer Kinder wenden wir ebenfalls Streptomycin
und INH an. Dabei verabreichen wir Streptomycin nur für die Dauer von 30 Tagen und
ersetzen es später durch PAS. Röntgenologisch bilden sich die miliaren Herde der Lunge
in kurzer Zeit zurück.
An kavernöser Lungentuberkulose litten 8 Kinder im Alter zwischen 10 und 14 Jahren.
Die Appetit anregende Wirkung des Medikamentes macht sich in diesen Fällen besonders
bemerkbar. Hohlräume der Lunge sind nicht nur durch kombinierte Behandlung zu beeinflussen,
sondern Pneumothorax und operative Versorgung behalten weiterhin ihre Bedeutung.
Bei 29 Kindern, meistens Kinder im „Kriechlingsalter”, traten Verschattungen ganzer
Lungenlappen auf. Da bei einigen Kindern zu diesem Zeitpunkt im Sputum oder Magennüchternsaft
Tuberkelbakterien nachgewiesen wurden, muß an eine Lymphknotenperforation ins Bronchialsystem
oder an eine Verlegung des zugehörigen Bronchus durch geschwollene Lymphknoten gedacht
werden. Diese Vorgänge sind unserer Ansicht nach ernst zu nehmende Komplikationen,
die sich seit Beginn der Kombinationstherapie zu häufen scheinen.
Diese Verschattungen bilden sich ohne medikamentöse Behandlung schneller zurück als
nach tuberkulostatischer Therapie.
Es erhebt sich die Frage, ob wir weiterhin berechtigt sind, komplikationslose Primoinfektionen
mit Streptomycin und INH zu behandeln.